Freitag, 19. Februar 2016

BWK_1914-1932


Vom Ersten Weltkrieg zur Weimarer Republik: 


Die BWK im Kampf gegen Kriegsfolgen, Inflation, volatile Preise und Devisenmangel  (1914-32)



Eine Analyse von Geschäftsberichten und Wirtschaftsnachrichten der Bremer Woll-Kämmerei (BWK) für die Zeit des Ersten Weltkrieges und der Weimarer Republik, die von einem wissenschaftlichen Archiv dokumentiert sind, veranschaulicht die Funktionsweise einer Wollkämmerei, die auf extrem volatile Wollpreise und Umsätze durch einen Eigenhandel, Änderungen der Lagerbestände und einen flexiblen Einsatz des Faktors Arbeit reagiert. Aus der Sicht der Mitarbeiter sind damit Kurzarbeit, zeitweilige Entlassungen und zahlreiche Maßnahmen verbunden, die die Betriebstreue belohnen, da innerhalb eines relativ kurzfristigen Wollkonjunkturzyklus häufig rasch auf erfahrene Mitarbeiter wieder zurückgegriffen werden muss.

In der Zeit zwischen 1914 und 1932 muss dieses bereits stark schwankende Kammzuggeschäft innerhalb von extrem wechselhaften Rahmenbedingungen betrieben werden: der Krieg mit seinen Engpässen bei den Rohstoffen Kohle und Wolle, eine Hyperinflation mit anschließender Währungsreform und die Weltwirtschaftskrise, die zur Insolvenz des großen, global aufgestellten Wettbewerbers, der Norddeutsche Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei, in Delmenhorst beitrug, beeinträchtigten die Produktion und das Geschäft der BWK, während es nur ganz wenige "goldene" Jahre förderten.

Der Blick in die Geschäftsberichte der BWK informiert daher nicht nur über betriebswirtschaftliche Daten, sondern führt auch zu einem Streifzug durch die Wirtschaftsgeschichte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts.


Die Bremer Woll-Kämmerei und ihr Umfeld



Nachdem sich die BWK nach der Wollkrise in den Jahren 1899/1900 bis zum Vorabend des Ersten Weltkrieges in einer relativ ruhigen Umwelt entwickelt hatte, traten anschließend in rascher Folge Turbulenzen ein, die man vorher und nachher zumindest in dieser zeitlichen Komprimierung in der modernen Industrie- und Wirtschaftsgeschichte West- und Mitteleuropas nicht kennt.

Auch vor dem Ersten Weltkrieg gab es zwar, wenn man die Geschäftsberichte der BWK liest, keine stabilen rosigen Zeiten, in denen das Geschäft routinemäßig fast wie von selbst lief.

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Die wirtschaftlichen Leistungen jedes Unternehmens stehen in einer Kette von Zusammenhängen. So war das Wohlergehen Blumenthals über viele Jahrzehnte eine fast direkte Folge der in der BWK hergestellten Kammzugmenge, die zu häufigen Änderungen der Anzahl der Mitarbeiter und zu Kurzarbeitszeiten führte. In ähnlicher Weise hing die Geschäftslage dieses größten Arbeitgebers und Steuerzahlers von den jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Dieses Umfeld der eigentlichen Unternehmenstätigkeit stellte die BWK in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen, als die Weltwirtschaft und damit auch der Wollhandel durch kritische Zeiten gingen, vor besondere Herausforderungen. Hinzu kamen die politischen Verwerfungen durch die Kriege, die Entstehung der ersten deutschen Republik und die Eingriffe durch die nationalsozialistische Diktatur des Dritten Reiches.

Unter diesen schwierigen, wechselvollen Rahmenbedingungen musste das Unternehmen, das wie kaum ein anderes von den sensiblen Wollimporten anhängig war, für eine möglichst stabile Kammzugproduktion sorgen, um die Beschäftigung seiner Mitarbeiter zu sichern und die Kapitalgeber mit einer Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals zu versorgen.



Unternehmerische Entscheidungsparameter 



Mit der Festlegung der Produktion auf die Bereiche Wollwäscherei und Wollkämmerei sowie die Konzentration auf das Lohngeschäft am Standort Blumenthal waren bereits mit der Gründung ganz zentrale Parameter für das weitere Handeln des Managements abgesteckt.

Die Aufgaben des Vorstandes waren damit einerseits im Vergleich zu anderen Industriezweigen begrenzt, da beispielsweise die Produktentwicklung und die Preisgestaltung bestenfalls eine untergeordnete Rolle spielten, denn die Art der Wollbearbeitung wurde von den Auftraggebern bestimmt und die Kämmereipreise waren durch ein Kartell festgelegt, dem neben der BWK die Kämmereien in Döhren und Leipzig angehörten. Die Verarbeitungs- oder Verkämmungsmarge als wichtige Kalkulationsgröße diente daher vor allem dazu, eine kostengünstige Produktion zu organisieren und anhand der jeweiligen Kostensituation neben dem Lohn- noch ein zusätzliches Eigengeschäft zu betreiben, um die Anlagekapazitäten besser zu nutzen.

Die größte Herausforderung waren daher innerhalb des Wollgeschäfts die extremen Schwankungen der Wollpreise, die nicht ohne Rückwirkungen auf die Auftragslage und Umsätze blieben, was zu erheblichen Problemen für die Beschäftigung führte. Für die Profitabilität des Unternehmens war daher eine rasche Anpassung der bezahlten Arbeitsstunden an die Menge der Rohwolle, die zu bearbeiten war, eine zentrale Stellschraube. 


Die Preisschwankungen sind vor allem auf einen zeitweiligen Lagerabbau der Spinnereien zurückzuführen, der zu fast erwartbaren Konjunkturschwächen von 15 bis 18 Monaten führte (Ausblick, S. 2), aber sie können auch durch einen Mangel an Rohwolle infolge von Dürren in den Schafzuchtländern oder die generelle Nachfrageschwäche bei den Endkonsumenten oder eine geringe Verwendung von Wolle in einer jeweils aktuellen Mode ausgelöst werden.

Auch wenn sich, wie die Daten im Einzelnen zeigen, in diesem Bereich über die Lagerhaltung und ein Eigengeschäft längere Zeit ein Durchschnittsniveau halten ließ, das wie ein Puffer für Beschäftigung und Ertrag wirkte, blieb das Geschäft im volatilen Wollmarkt eine anspruchsvolle Herausforderung.



Lager oder Cash 



Innerhalb dieses Rahmen musste das Unternehmen in der volatilen Wollwelt durch seine Entscheidungen möglicht für eine gewisse Stabilität im Innern sorgen. 

Eine Möglichkeit, um die Beschäftigung und die Gewinnsituation zu stabilisieren, war der Eigenhandel. In diesem Fall kaufte die Kämmerei Rohwolle auf Vorrat, verarbeitete sie und verkaufte sie anschließend oder lagerte sie zunächst ein. Dazu wurde eine gute Einschätzung der Marktentwicklung benötigt, die man häufig Menschen, die lange in einer Branche arbeiten, als Baugefühl zuschreibt. Bei diesen Entscheidungen mussten also die voraussichtliche Entwicklung zur Zeit des Kaufs der Rohwolle und anschließend mit der Produktion der Kammzüge die weitere Preisentwicklung für diese Produkte möglichst richtig eingeschätzt werden. Das ist dem Management der BWK, wie zumindest in den Geschäftsberichten behauptet wird, auch ohne ökonometrische Prognosemodelle oder den Einsatz einer Glaskugel relativ gut gelungen. Auf die Bedeutung dieses Eigenhandels für die Gewinngenerierung und –stabilisierung soll in den einzelnen betrachteten Zeiträumen genauer geachtet werden. 



Schnelle Anpassung an Preise und Nachfrage 



Das war jedoch nicht die einzige Prognoseleistung; denn mit den Preisen sind immer auch Mengen verbunden, die finanziert und bearbeitet werden müssen. Das stellt vor allem bei einem einigermaßen intakten Finanzmarkt mit den üblichen Möglichkeiten einer großen AG kaum ein Finanzierungsproblem dar, wohl aber bei der Kapazität und Beschäftigung ein schwieriges Mengenproblem.


Hier ist eine optimale Kapazität erforderlich, bei der das Unternehmen einerseits nicht hilflos zuschauen muss, wenn in einer goldenen Preisphase keine freien Kapazitäten mehr vorhanden sind und andere die Gewinne einfahren, die scheinbar vom konjunkturellen Himmel regnen. Andererseits will man zwangsläufig auch keine unterbeschäftigten Mitarbeiter bezahlen und mit teuren Gebäuden und Maschinen als totem Inventar die Bilanz belasten.

Da generell die großen Schwankungen kaum rechtzeitig vorherzusehen sind und auch der kurzfristige Bau von Gebäuden und der Kauf von zusätzlichen Maschinen, aber auch die Rekrutierung und Einarbeitung von Mitarbeitern praktisch unmöglich sind, gibt es eigentlich nur eine Lösung für diese kaum lösbare Herausforderung: eine möglicht große Flexibilität der Mitarbeiter.

Das hat das Management der BWK mit einem großen Erfindungsreichtum versucht, wobei man aufgrund einer starken Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen mit dem Betriebsrat rasch Veränderungen der Arbeitszeit vereinbaren konnte. Das ging sogar bis zu einer Wochenarbeitszeit von null Stunden, also weniger euphemistisch ausgedrückt zur Entlassung, der aber wieder eine Einstellung folgte, wenn wieder mehr Rohwolle zur Verfügung stand oder Wollkleidung erneut in Mode kam und Kunden fand.



Der Weg durch die Belastungen des Ersten Weltkrieges

Das erste Jahr des Ersten Weltkrieges, in dem Deutschland am 1. August 1914 Russland den Krieg erklärte, war laut Geschäftsbericht anfangs durch eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung der Preise und „Unternehmungslust“ geprägt, wodurch der BWK in „befriedigendem Umfange Lohnbeschäftigung zufloss“. Mit dem Kriegsbeginn trat jedoch eine „Unsicherheit“ ein, sodass es für fast vier Wochen keine Abschlüsse gab.

Das änderte sich jedoch bald, wie der BWK-Geschäftsbericht vermerkt: „Erst als unsere siegreichen Truppen den Krieg in Feindesland getragen hatten, kehrte das Vertrauen zurück. Größere Bestellungen für Heeresbedarf brachten unserer Industrie neue Beschäftigung. Die Warenvorräte lichteten sich und die Preise für Wolle und alle Erzeugnisse daraus gingen erheblich in die Höhe“.

Ende 1914 setzte die Regierung dann Höchstpreise fest, was die Einfuhr von Rohwolle erschwerte und Produktionseinschränkungen führte. Dennoch konnte die BWK für das erste Kriegsjahr eine Dividende von 30% ausschütten, da die gute Lohnbeschäftigung vertraglich gesichert war und außerdem Wolle aus den eigenen Vorräten zu guten Preisen verkauft werden konnte.



Von Kriegsbegeisterung und Gewinneuphorie

Wie zeitgenössische Berichte schildern, haben viele Deutsche wie auch ihre Gegner den Ausbruch des Ersten Weltkrieges freudig gefeiert, da sie an rasche Erfolge gegen die "Erbfeinde" glaubten und dabei an der Verlauf des Deutsch-Französischen Krieges von 1870-1 dachten. Der wurde in Preußen und Deutschland als ein großer Erfolg gesehen; denn der Sieg führte zur Gründung eines ersten deutschen Nationalstaates unter preußischer Führung und die Reparationszahlungen Frankreichs gaben der deutschen Wirtschaft eine Finanzbasis für die Gründerjahre, die Deutschland von einem Agrarland ins Industriezeitalter und zu einem ökonomischen Konkurrenten von Frankreich und England katapultierten.

Ein wenig von dieser öffentlich Euphorie lassen auch die Worte im Geschäftsbericht 1914 der Bremer Woll-Kämmerei spüren. "Erst als unsere siegreichen Truppen den Krieg in Feindesland getragen hatten, kehrte das Vertrauen zurück. Größere Bestellungen für Heeresbedarf brachten unserer Industrie neue Beschäftigung, die Warenvorräte lichteten sich und die Preise für Wolle und alle Erzeugnisse daraus gingen erheblich in die Höhe". Das galt vor allem für die Zahlen des Jahresabschlusses für das erste Kriegsjahr, mit denen das Unternehmen seine Aktionäre durch die Ausschüttung einer Rekorddividende von 30 % beglücken konnte. Das war ein Wert, der später nicht einmal dank eines Jubiläumsbonus ausgeschüttet werden konnte.
Die bilanzielle Voraussetzung dieser aktionärsfreundlichen Politik, die gar nicht an die spätere Entwickung des Krieges und der dramatischen Folgen denken ließ, war eine Ergebnissteigerung von 1,4 Mio. M auf 3,5 Mio. M.


Umlaufvermögen der BWK am 31.12.1913














Anmerkungen: 1: Kasse, 2: Wechsel, 3: Wertpapiere, 4: Materialien, 5: Rohstoffe/
Erzeugnisse, 6: Feuerwehrversicherung, 7: Konto-Korrent-Konto (
Quelle: BWK-Geschäftsbericht 1913).




Umlaufvermögen der BWK am 31.12.19114
















Anmerkungen: 1: Kasse, 2: Wechsel, 3: Wertpapiere, 4: Materialien, 5: Rohstoffe/
Erzeugnisse, 6: Feuerwehrversicherung, 7: Konto-Korrent-Konto (Quelle: BWK-Geschäftsbericht 1914).




Entwicklung einzelener Positionen de Umlaufvermögen der BWK zwischen Ende 1913 und Ende 1914

Anmerkungen: 1: Wechsel, 2: Wertpapiere, 3: Materialien, 4: Rohwolle/ Erzeugnisse und 5: Konto-Korrent-Konto (Quelle: BWK-Geschäftsberichte 1913 und 1914).



Auch wenn sich so der Krieg in der Bilanz zunächst wenig auswirkte, bildete die BWK vorsorglich eine Rücklage für Kosten, „die mit dem Krieg verbunden sein können“. Damit wurde aus dem „guten Jahresergebnis“, wie das Management selbst in einer selten positiven Einschätzung des Jahresabschluss feststellte, ein Dispositionsfonds in Höhe von 1,5 Mio. Mark gebildet.

Für das Unternehmen war daher in diesem Geschäftsjahr der plötzliche Tod des Vorstandes Ferdinand Ullrich am 25. Januar ein zumindest gleich bedeutsames Ereignis wie die stabilen Bilanzzahlen.

Die vor dem Krieg gebildeten Lagerbestände zahlten sich auch im zweiten Kriegsjahr aus, in dem die BWK weiterhin mit Problemen bei der Wollbeschaffung und damit einer eingeschränkten Produktion zu kämpfen hatte. Eine leicht gesenkte Dividende in Höhe von 18 % konnte daher nur durch die außerordentlichen Erträge aus dem Lagerabbau finanziert werden.


Die Kriegsbelastungen ließen sich auch 1916 durch eine „vorteilhafte Nutzung“ von Nebenbetrieben, für die es keine nähere Erläuterung gab, sodass sie vermutlich in einem unmittelbaren Zusammenhang zum Krieg gestanden haben, und eine „gute Verzinsung flüssiger Mittel“ ausgleichen. Dabei handelte es sich in erster Linie um Wertpapiere in Höhe von 9,6 Mio. M, die damit knapp 40 % der Bilanzsumme ausmachten und einen höheren bilanziellen Wert als das gesamte Anlagevermögen mit 9 Mio. M besaßen.

Für die weitere Entwicklung der BWK hatten vor allem die Fertigstellung eines neuen Sortiergebäudes und einer Tuchwäscherei eine größere Bedeutung, die einschließlich der Maschinen 1,7 Mio. gekostet hatten, also ein Fünftel des gesamten Anlagevermögen. Trotz dieser Investitionen konnten weiterhin 18 % Dividende ausgeschüttet werden.

Erst 1917 litt auch die BWK deutlicher unter dem Krieg. So musste man mit einem häufigen Kohlemangel leben, aber auch Mittel einsetzen, um den Mitarbeitern die Kriegsfolgen erträglicher zu machen. Zu diesen „Kriegswohlfahrtszwecken“ zählte u.a. ein stark verbilligtes Mittagessen für 1.000 bis 1.900 Personen, für das das Unternehmen bis Ende 1927 1,2 Mio. M aufwenden musste. Dennoch konnte die BWK dank der Einnahmen aus Nebenbetrieben, aus Zinsen und dem Verkauf von Wolle, die im Ausland gelagert war, einen Gewinn bilanzieren.


1917 wurde für jede Aktie eine a. o. Vergütung von 300 .1t in 60/0 Kriegsanleihe gezahlt (Luce, S. 134)

Das Umlaufvermögen der BWK 1914-8 (in 1.000 M)
Position
1914
1915
1916
1917
1918
Kasse
17
14
25
128
26
Wechsel
1169
11
1260
2360
1910
Wertpapiere
3981
8913
9593
9719
6195
Materialien
351
755
601
625
750
Rohwolle/Erzeugnisse
3940
1326
1151
899
409
Feuerversiche-rungsgebühren
163
169
127
128
130
Konto-Korrent-Debitoren
7448
5681
1760
2556
3142
Umlaufvermögen





Bilanzsumme
26578
26118
24956
25955
23338
Quelle: Geschäftsberichte 1914-1918


Die Kriegsjahre haben, wie die tabellarische Zusammenstellung zeigt, zu teilweise gravierende Änderungen in der Struktur des Umlaufvermögens gefürht, auch wenn die Bilanzsumme insgesamt nur um etwa 10 % gesunken ist.Gewichtiger waren hingegen die Steigerung der Wertpapiere, wobei es sich vermutlich vrwiegend um Kriegsanleihen gehandelt hat, sowie der Abbau der Konto-Korrent-Debitoren, also der Betrag der auf Kredit gelieferten Waren.

Trotz dieser beachlichen Verändrungen der moneären positionen fand die bedeutsamste Entwicklung jedoch bei den realen Wertenstatt; denn der Wert der Position "Roholle/ Erzeugnisse" sank praktisch auf ein Zehntel, ud zar von 3.940 Mio. M auf 09 Mio.M. Dank dieser Vorrte knnte so das Unternehmen die Kriegsjahe relativ gut überstehen und sogar Dividenden an seine Aktinäre ausschütten. Nur waren die Lägermt dem Kriegsende prktisch abgebaut und die BWK stand der Nchkriegszeit mt ihrem genrellenMangel an Rohstoffen ohne Wolle dar. 




Entwickung des Anteils der Wertpapiere und der Rohwolle an der Bilanzsumme während der Kriegsjahre 1914 - 1918

 
blau: Anteil der Wertpapiere, rot: Anteil der Rohwolle








Das Kriegsende und die Revolution 1918 brachten für die BWK ein gespaltenes Jahr; denn in den ersten 10 Monaten verbesserte sich sogar die Versorgungssituation mit Rohwolle und Kohle gegenüber 1917, wodurch sogar eine kleine Produktionssteigerung möglich wurde. 

Mit dem Untergang der Monarchie und einer Übergangsregierung aus Vertretern der SPD und USPD kam es zu einer Reihe sozialpolitischer Maßnahmen, wie der Einführung des 8-Stunden Tages und Teuerungszulagen, höheren Kriegsunterstützungen und Subventionen für die Arbeiterküche. Ein ganz erheblicher Negativposten waren jedoch die Abschreibungen auf die Reichsschatzanweisungen, sodass die Wertpapiere etwa ein Drittel ihres Wertes einbüßten, nachdem sie in den vorangegangenen Kriegsjahren für gute Zinserträge gesorgt hatten.

Dennoch konnten noch 15% Dividende gezahlte werden, wobei der Geschäftsbericht allerdings keine zu positive Stimmung aufkommen ließ, wenn er am Schluss feststellte: „Die Zukunft liegt dunkel vor uns“


Ganz so düster verlief das erste Jahr ohne Kaiser dann allerdings doch nicht, auch wenn aus der Sicht des Managements die Betriebsverhältnisse „immer schwieriger“ wurden; denn gleichzeitig räumte man ein, dass sich die politischen Wogen langsam geglättet hatten und sich der Übergang zur Friedenswirtschaft leichter als erwartet vollzog. Vorteilhaft für die BWK war die Aufhebung der Wirtschaftsblockade, sodass Rohwolle aus neutralen und später auch feindlichen Ländern wieder zur Verfügung stand. Schwierigkeiten gab es hingegen bei der Versorgung mit Kohle, die im Laufe des Jahres schlechter wurde und vor allem zum Jahresende „wiederholt zu längerem Stillstand gezwungen“ hat. 

Die gesunkene Kaufkraft ließ zudem fallende Wollpreise erwarten, da hohen Vorräten nur eine geringe Nachfrage gegenüberstand. Zusätzlich gab es auch direkte Auswirkungen des Kriegs auf die Bilanz, da jetzt unterlassene bzw. nicht realisierbare Instandhaltungsinvestitionen nachgeholten werden mussten und weitere hohe Abschreibungen auf Wertpapiere erforderlich waren, eine Position, die vor allem aus Kriegsanleihen bestanden haben dürfte. Dabei handelt es sich um neun Anleihen über insgesamt 98,2 Milliarden M, die vor allem aufgrund intensiver Werbung auch von vielen Kleinsparern während des Krieges gezeichnet worden waren.



                                              Werbung für die 6. Kriegsanleihe



Während Ende 1913 Wertpapiere bei der BWK einen bilanziellen Wert von 0,5 Mio. M besaßen, war diese Position auf 9,72 Mio. M im Jahr 1917 deutlich angestiegen, bis sie dann durch die notwendigen Abschreibungen in der Nachkriegsbilanz auf 2,5 Mio. M geschmolzen ist. Betrachtet man diese Zahlen, hat also die BWK durch ihre Beteiligung an der Kriegsfinanzierung einen Verlust von ca. 7 Mio. M erlitten oder – sucht man einen Vergleich mit einer anderen Bilanzposition - in Höhe ihres gesamten Anlagevermögens. 

Auch wenn das Betriebsergebnis daher 1919 eher bescheiden ausfiel, hatte der Geschäftsbericht eine freudige Überraschung für die Aktionäre parat, wenn es dort heißt, dass die „Abwicklung alter und neuer Wollgeschäfte“ bei fortgesetzter Steigerung der Preise „einen Nutzen“ besitzt, „der uns in die Lage versetzt“ eine Dividende von 20% vorzuschlagen.

Deutsche F a s e r e r z e u g u n g während des Krieges. Während die Friedenseinfuhr Deutschlands an Faserstoffen 963 000 Tonnen im Werte von einer Milliarde Mark (bei jetzigem Kurse mindestens das fünffache) betrug, hat die während des Krieges gesteigerte heimische Fasererzeugung kaum 100 000 Tonnen erreicht. Neben 7000 Tonnen Wolle, 20 000 Tonnen Flachs, 2000 Tonnen Hanf wurden 33 000 Tonnen Kunstbaumwolle, 25 000 Tonnen Kunstwolle und IG 000 Tonnen synthetische Faser gewonnen, außerdem an Wildfasern noch 2000 Tonnen Torffaser, 1000 Tonnen Schilffaser (Rohrkolben), sowie 200 Tonnen Nessel- faser. Es ist Grund anzunehmen, daß die Eligenproduktion in Zukunft bedeutend steigen wird, da es unmöglich sein wird, die riesigen Massen Fasern dem Aus- lande zu bezahlen. 
Der europäische Kontinent fiel während des Krieges als Einfuhrgebiet fast fort. So nahm er vor dem Kriege 65 V. H. der australischen Wolle auf, 19 14/15 dagegen nur 9 v. H., während Großbritannien seine Einfuhr aus Australien von 22 auf 64, die Vereinigten Staaten von 6 auf 15, Japan von i auf 5 v. H. steigerten. Was die Merinowolle betrifft, so stammt der weitaus größte Teil, 84,2 v. H.. aus britischen Gebieten, nämlich 745 von 885 MiU, Pfund, davon allein 600 MiU. Pfund aus Australien und 130 MiU. Pfund aus Südafrika, dagegen nur 10 MiU. Pfund aus Neuseeland, ferner 90 MiU. Pfund aus Uruguay und 50 MiU. Pfund aus Argentinien. In Australien und Südafrika beherrschen jetzt die Merinoschafe demnach völlig die Schafzucht, auch in Uruguay überwiegen sie, während für die CrossbredwoUen Argentinien und Neuseeland weitaus die größten Exportländer darstellen. Deutschland, das 19 13 440 MiU. Pfund Wolle, darunter 243 MiU. Pfund Merino, verbrauchte, bezieht letztere vorwiegend aus britischen, die ge- kreuzte Wolle hauptsächlich aus anderen Ländern.

https://archive.org/stream/dertropenpflanze22berl/dertropenpflanze22berl_djvu.txt

Die Kapitalmaßnahmen von 1920 und 1922



Obwohl die BWK dank ihrer Wollbestände den Krieg zunächst relativ ungeschoren überstanden hatte, rissen diese Abschreibungen ein großes Loch in die Kapitalausstattung, und das in einer Zeit, in der man für den Aufbau neuer Lagerbestände dringend Kapital benötigte.

Das Management entschloss sich daher Anfang der 1920-er Jahre zu zwei Kapitalmaßnahmen. Dabei wurde Anfang 1920 das Grundkapital von 5 Mio. RM GK um 3 Mio. M aufgestockt. Während es sich hierbei um die übliche Finanzierung einer Kapitalgesellschaft handelt, gilt das nicht für den zweiten Teil dieser Maßnahme. So wurden auch für 400.000 M Vorzugsaktien mit einer auf 6% reduzierten Dividende, die bei Liquidation vorab zurückgezahlt werden muss, aber einem 20-fachen Stimmrecht ausgegeben. Die 400.000 RM haben damit ein Gewicht von 8 Mio. Stammaktien und bedeuten bei der üblichen Beteiligung an Hauptversammlungen eine gesicherte Mehrheit bei der Wahl des Aufsichtsrats und damit indirekt der Besetzung des Vorstands. Mit einem relativ kleinen Kapitaleinsatz ließ sich also auf diese Weise die BWK anschließend lenken.

Das Unternehmen selbst erhielt durch diese Kapitalmaßnahmen von 1920 ein Aufgeld gegenüber dem nominellen Aktienwert von 1,05 Mio. M, die in die gesetzliche Rücklage eingestellt wurden. Insgesamt erhöhte sich damit das Eigenkapital um 4,5 Mio. RM.

                                                    BWK-Aktie von 1920

Zwei Jahre später führte die BWK noch eine weitere Kapitalbeschaffung durch, bei der die alten Mehrheitsaktionäre keine Sorge um ihren Einfluss haben mussten, denn es wurden für 4,0 Mio. RM Genussscheine ausgegeben, also Wertpapiere, die zwar am Gewinn beteiligen, ohne jedoch eine Stimmrecht in einer Hauptversammlung zu gewähren. Es war also eine Maßnahme für Investoren, die sich für eine gute Kapitalverzinsung interessierten und damit für die Vorzugsaktionäre irrelevant war. So wurde auch nur den Stammaktionären ein Bezugsrecht von 2: 1 eingeräumt.
  
Grundkapital vor und nach den Kapitalmaßnahmen in RM

31.12.1919

31.12.1920

31.12.1922

Stammaktien
5.000.000
Stammaktien
8.000.000
Stammaktien
8.000.000


Vorzugsaktien
400.000
Vorzugsaktien
400.000




Genussscheine
4.000.000
4% Teilschuldverschreibungen
613.000
4% Teilschuldverschreibungen
470.000


Gesetzliche Rücklage
1.025.000
Gesetzliche Rücklage
2.075.000
Gesetzliche Rücklage
2.075.000
Sonderrücklage
5.475.000
Sonderrücklage
5.475.000
Sonderrücklage
5.475.000
Verfügungsrücklage
800.000
Verfügungsrücklage
800.000
Verfügungsrücklage
800.000




Werkerhaltungskonto
10.000.000




Werkswohnungenkonto
5.000.000






Gläubiger
18.697.000

20.823.000


Bilanzsumme
35.946.000

47.226.000



Quellen: Geschäftsberichte von 1919, 1920 und 1922.


Von der Papiermarkschluss- zur Goldmarkeröffnungsbilanz 1923-4


Auf diese Weise konnte zwar ein Unternehmen wie die BWK seine Beteiligung an den Kosten des verlorenen Krieges bilanziell in den Griff bekommen. Das war dem Staat wegen der ganz andere Größenordnung jedoch nicht möglich, da die Staatsanleihen, die dank der intensiven Werbemaßnahmen ein ähnlich breites Anlegerpublikum gefunden hatten wie später die T-Aktie, vom Staat nicht bedient werden konnten und damit mehr oder weniger wertlos waren, wie die Abschreibungen in der BWK-Bilanz zeigen.

Diese ernüchternde Sicht der finanziellen Realität in Deutschland wurde jedoch für die stark betroffenen Privathaushalte erst allmählich deutlich, und zwar nachdem das Reich seine Schulden nochmals deutlich erhöht hatte.

Hintergrund war die Ruhrbesetzung durch Frankreich, nachdem das deutsche Reich angeblich seinen in Versailles vereinbarten Reparationszahlungen nicht vollständig nachgekommen war. Um den passiven Widerstand der Einwohner des Ruhrgebietes, der vor allem in einem Generalstreik bestand, zu unterstützen, wurden die Löhne in dieser Zeit vom Reich übernommen, obwohl die Staatskasse leer war.

Das führte zu einem rapiden Anstieg der Inflationsrate, sodass die Reichsregierung Ende September 1923 den Abbruch des passiven Widerstandes verkünden musste. Die anschließende Währungsreform machte dann das vorhandene Geldvermögen und damit auch die Kriegsanleihen praktisch wertlos, was vor allem die Mittelschicht hart traf und deren Einstellung gegenüber der Weimar Republik verschlechterte.

Entwertung der Goldmark/ Papiermark

Datum
Dollarkurs in Mark
1.07.1914
4,20
31.01.1920
42,00
31.01.1921
60,43
31.01.1922
199,40
31.01.1923
49.000
26.06.1923
760.000
3.10.1923
440.000.000
22.10.1923
32.150.000.000
9.11.1923
628.500.000.000
15.11.1923
4,20 RM

Quelle: wikipedia

Bei dieser Umstellung von der „Mark“ (M) auf die „Rentenmark“ (später „Reichsmark“, RM) wurde aus 1 Billion M eine Reichsmark, es gingen also 12 Nullen „verloren.“ Im Vergleich zum US-Dollar wurde damit jedoch nur die alte Parität von 1914 wieder hergestellt, als man für einen Dollar 4,20 M und jetzt entsprechend 4,20 RM zahlen musste.



                                   5 Bio. Mark vom 1.11.1923 (Quelle: wikipedia)


Da diese Änderung der Währung nicht die Sach-, sondern nur die Geldwerte betraf, wurden durch die Währungsreform die Vermögensverhältnisse in Deutschland verändert; denn neben den Käufern der angeblich sicheren und patriotischen Kriegsanleihen, die ihr Wertpapiervermögen verloren hatten, gab es auch Inflationsgewinnler. Das waren Menschen, die den Mechanismus der Hyperinflation rechtzeitig erkannt und sich an einer Flucht aus der Mark in die Ware beteiligt hatten. So wurden die Grundeigentümer in der Inflation faktisch vollständig entschuldet, da die Immobilien den Wert beibehielten, während die Kredite in der neuen Währung praktisch bei Null lagen. Auch Ausländer waren in dieser Situation deutlich im Vorteil, da sie in der Nachkriegszeit über höhere Vermögen verfügten als die besiegten Deutschen.

Diese Verwerfungen zwischen den einzelnen Positionen lassen sich auch in der Bilanz der BWK erkennen, was dort zu extremen Ungleichgewichten zwischen den Werten geführt hat, die bereits vor der Hyperinflation bilanziert wurden - hierzu zählt etwa das Grundkapital oder ein Holzschuppen - , im Vergleich etwa zu den Fabrikgebäuden, deren Bestand sich während der Inflationszeit geändert hatte und die daher mit gut 68 Billiarden M verbucht waren. Dadurch stand in der Schlussbilanz von 1923 einer Bilanzsumme mit 18 Nullen, d.h. knapp 6 Trillionen M weiterhin das Grundkapital von nur 10 Mio. M gegenüber, also einer 10 mit sechs anschließenden Nullen.

Den rechnerischen Ausgleich zwischen diesen illusionären Spekulationswerten musste ein Gewinn- und Verlustkonto leisten, das selbst mit 3,8 Trillionen M mehr als die Hälfte der Bilanzsumme ausmachte, während das Grundkapital nur noch einen mikroskopisch kleinen Anteil von sehr deutlich weniger als einem Promille betrug. 


Damit waren allen Regeln einer soliden Bilanzierung die notwendigen Grundregeln entzogen, sodass das Unternehmen sich nur kurzfristig an der allgemeinen Flucht aus der Mark in Waren beteiligen konnte und seine Geschäfte möglichst in ausländischen Währungen wie dem britischen Pfund abschließen musste, wenn es ohne große Blessuren diese Zeit der Hyperinflation überstehen wollte. Dank der internationalen Ausrichtung des Wollhandels und der Erfahrungen bei der Lagerhaltung befand sich die BWK dabei in einer relativ guten Ausgangsituation.

Daher musste die BWK auch ihre Dividende 1923 nicht in der von Tag zu Tag wertloser werdenden Reichsmark ausschütten, sondern konnte als Inflationsschutz einen Teil in Berichtigungs- oder Gratisaktien und einen anderen in Goldpfennig zahlen.

Papiermark-Schlussbilanz vom 31.12.1923 und Goldmark-Eröffnungsbilanz vom 1.1.1924



Papiermark-Schlussbilanz vom 31.12.1923
Goldmark-Eröffnungsbilanz vom 1.1.1924
Aktiva/ Vermögen


Wohngebäude
3.280.000.000
588.172
Fabrikgebäude
68.111.870.000.000.000
5.531.793
Holzschuppen
500
  500
Dampfkessel, Dampfmaschinen etc.
3.953.794.858.000.000
323.837 
Kämmereimaschinen
21.887.088.480.000.000
1.525.750
Elektrizitätsanlage
11.736.034.836.000.000
242.483
Eisenbahnanschlussgleis
194.062.000.000
99.866
Drahtseilbahn
4.000.000
11.067
Bohlwerk
5.000
41.116
Wohnmöbel und -geräte
1.000
1.000
Fabrikmöbel und -geräte
1.209.080.000.000.000
67.670
Fuhrwerk
365.230.375.000.000
22.556



Grundstück
1.527.000
1.401.944,08
Kasse und Wechsel
298.342.200.000.000.000
298.342,20
Wertpapiere
48.387.000.000.286.620
334.997
Betriebsstoffe und Kohlen
1.323.175.770.000.000.000
1.323.175,77
Rohwolle und Erzeugnisse
1.110.491.500.000.000.000
1.110.491,50
Schuldner
2.709.635.810.000.000.000
2.709.635,81



Bilanzsumme
5.597.295.525.948.822.110
15.634.416,36



Passiva/ Verbindlichkeiten


Grundkapital/ Stammaktien
14.400.000
10.000.000
Grundkapital/ Vorzugsaktien

400.000
Genussscheine

92.000
Gesetzliche Rücklage
4.000.000
1.040.000
Sonderrücklage
95.000.000
1.500.000
Dividende für 1923

864.000
Stiftungen
129.250
129.250
Abschreibungen auf Betriebsanlagen
480.299.000.000.000.000

Gläubiger
1.323.185.430.000.000.000
1.323.185,43
Gewinn- und Verlustkonto
3.783.811.095.834.292.860

Quelle: Papiermark-Schlussbilanz



Die Goldenen Zwanziger oder die Jahre der Stabilisierung


   BWK von der Weser aus gesehen (Quelle: Geschäftsbericht 1923 (Förderverein))


Nach den Kriegsjahren und den Wirren der Revolution mit vielen regionalen Aufständen, dem Ruhrkampf mit der Hyperinflation und der anschließenden einschneidenden Geldentwertung, die die Eigentümer von Bankguthaben hart traf, war ein Schnitt gemacht, der wieder zu realistischen Preisen führte. Damit waren die Weichen für einige Jahre gestellt, die nach langer Zeit wieder für einige wenige Jahre Normalität brachten, bevor dann mit der Weltwirtschaftskrise, der NS-Machtübernahme und dem zweiten Weltkrieg auch das wirtschaftliche Leben wieder erheblich gestört wurde.


Der Ausdruck Goldene Zwanziger bzw. Goldene Zwanziger Jahre bezeichnet so in Deutschland den kurzen Zeitabschnitt zwischen 1924 und 1929, als mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der weltweiten Konjunktur eine Blütezeit der deutschen Kunst, Kultur und Wissenschaft vor allem in der Weltstadt Berlin begann. Dabei handelte es sich um weltweites Phänomen, denn im US-amerikanischen Sprachraum spricht man bei diesen Jahren von den Roaring Twenties und in Frankreich von "années folles", um mit einem Adjektiv wie „wild“ die Lebensfreude und die soziale und künstlerische Kreativität dieser Zeit zu dokumentieren.

Bilanziell gesehen waren die ersten Jahre nach dem Krieg und der Inflation allerdings noch nicht so golden. Deshalb spricht die Wirtschaftszeitung „Volkswirt“ auch stattdessen von „Jahren der Stabilisierung“, nachdem sie die Gewinnsituation mit der vor dem Ersten Weltkrieg verglichen hat. Damals konnte die BWK für die Jahre 1911-3 durchschnittlich 19 % Dividende auf 5 Mio. Mark Grundkapital ausschütten, während es nach der Währungsreform zunächst in den Jahren 1924 und 1925 nur 6 % auf das deutlich erhöhte. Grundkapital waren, das jetzt einschließlich des Genussscheinkapitals 14 Mio. RM betrug. Erst 1926 konnte die Dividende dann auf 8% und für 1927 und 1928 schließlich auf 12 % erhöht werden. Die Vorkriegshöhen wurden aber auch damit noch nicht erreicht.

Ein Vergleich der Schlussbilanzen von 1913 und 1926 kann die Wahl des Begriffes „Stabilisierung“ gut begründen, da die Unterschiede gegenüber dem letzten Jahr vor den Turbulenzen des Weltkrieges, der Inflation und der Währungsreform relativ gering sind. So hat sich das Eigenkapital durch die Kapitalmaßnahmen nur um ca. 10% erhöht, wodurch vor allem der Wert der Fabrikgebäude aufgestockt wurde, während die Lagerbestände, die der BWK zu Gewinnen während der Kriegsjahre verholfen hatten, noch deutlich unter ihrem Vorkriegsniveau lagen, auch wenn sie in den Jahren 1924, 1925 und 1926 bereits wieder kräftig aufgebaut worden waren.

Bilanzdaten nach der Stabilisierung in 1000 RM


Schlussbilanz zum 31.12.1913

Goldmark-Eröffnungsbilanz vom 1.1.1924

Schlussbilanz zum 31.12.1926
Grundstücke
1.118
1.402
1.531
Wohngebäude
440
558
740
Fabrikgebäude
5.156
5.532
6.091
Maschinen usw.
3.564
2.366
3.096

Anlagen insgesamt

10.278
9.858
11.458
Wertpapiere
500
335
325
Betriebsstoffe
621
1.323
1.071
Rohwolle, Fabrikate
5.491
1.111
3.776
Kasse, Wechsel
1.058
298
439
Schuldner
3.400
2.486
3590
Bankguthaben
2.554
324
Incl.
Debitoren (Forderungen)
5.954
3.108
4.029
Bilanzsumme
23.963
15.634
20.659
Eigenkapital
11.500
13.032
13.032

Quelle: Volkswirt vom 29.4.1927




Die Wahl zwischen Lagerhaltung und ihrer Finanzierung


Das Jahr 1926 ging zunächst als ein Rekordjahr in die Unternehmensgeschichte der BWK ein, da die AG mit ca. 20 Mio kg ihre höchste Jahreserzeugung seit der Gründung des Betriebes erzielte. Und dabei wurden sogar weitere Steigerungsmöglichkeiten gesehen, sodass man eine Erweiterung der Kreuzzucht-Kämmerei, also der Kammzugproduktion aus der Wolle von Crossbreeds, sowie erhebliche Modernisierungsinvestitionen in den Jahren 1927-8 plante.

Und diese Erwartung trog zunächst in keiner Weise, denn das Jahr 1927 verdiente „innerhalb der Aufschwungjahre nach der Währungsreform ein ganz besonderes Prädikat“. So schriebt damals der sehr sachlich berichtende Volkswirt von einem „starken G e s c h ä f t s a u f s c h w u n g“, um auf den außergewöhnlichen Abschluss bereits drucktechnisch hinzuweisen und erneut von einer Jahreserzeugung zu berichten, die „die größte seit Bestehen der Gesellschaft“ war.

Die BWK-Produktion 1927 (1926)


1927 in Mio. kg
1926 in Mio. kg
Veränderung in %
Umsatz (in Mio. RM)
32,5
25,8
26,0
Reingewinn (in Mio. RM)
2,7
1,5
80,0
Verarbeitete Rohwolle
52,8
38,6
36,8
Kammzug
19,8
15,3
29,4
Gewaschene Wolle
3,8
1,8
111,1

Quelle: Volkswirt vom 27.4.1928)



Mit einem Reingewinn von 2,69 Mio. RM wurden somit 1927 eine Umsatzrendite von gut 8 Prozent und bei einem Eigenkapital von ca. 13,5 Mio. RM, d.h. weiterhin 10,4 Mio. RM Aktienkapital und 3,1 Mio. RM Reserven und Genussscheinen, eine außergewöhnliche Eigenkapitalrendite von 20 % erzielt.

1928 sankt dann der Rohertrag aufgrund volatiler Preise und damit schwankender Beschäftigung sowie gestiegener Löhne und Steuern, wodurch es nur noch zu weiteren Umsatzanstiegen, die allerdings aus Preiseffekten resultierten und daher keine größeren Beschäftigungs- und Ertragseffekte hatten. Die Boom-Jahre mit einigen wirtschaftlichen Übertreibungen schienen sich nicht mehr fortzusetzen.


Dank dieser Jahre der Stabilisierung konnte das Management wieder seine Politik der Schwerpunktsetzung von Lagerhaltung und Liquidität betreiben, die nicht durch die Restriktionen des Krieges und die Zwänge der Inflation diktiert wurde. So wurden wieder höhere Bestände an Rohwolle und Fabrikaten aufgebaut, die allerdings auch 1929 noch nicht wieder das Niveau von 1913 erreichten. Gleichzeitig lagen nach den Erfahrungen der Inflationszeit sowohl die Forderungen als auch die Verbindlichkeiten deutlich unter den Werten von 1913.


Lagerhaltung, Debitoren und Kreditoren in 1000 Reichsmark


1913
1924
1925
1926
1927
1928
1929
Betriebsstoffe
621
1.331
1.159
1.071
1.337
1.759
1.724
Rohwolle, Fabrikate
5.491
3.000
2.810
3.776
2.862
3.093
4.366
Debitoren (Forderungen)
5.954
3.580
2.476
4.029
7.161
3.406
2.949
Kreditoren (Verbindlichkeiten)
8.990
4.663
4.290
5.665
6.830
4.330
4.816
Quelle: Volkswirt vom 27.4.1928 und vom 2.10.1931 (Bei Werten Widersprüche zwischen beiden Zeitungsausgaben)


Der Beginn der Weltwirtschaftskrise


Das Ergebnis des Jahres 1928 musste damit jedoch keineswegs berechtigte Sorgen auslösen, da es noch ganz im Rahmen der auf dem Wollmarkt üblichen Schwankungen lag. In diesem Fall kann man es im Nachhinein jedoch auch als Vorspiel zu der dramatischen Weltwirtschaftskrise sehen, die weltweit zu einer hohen Arbeitslosigkeit führte, die antidemokratische Parteien stärkte und damit letzthin auch eine Stimmung vorbereitete, die den zweiten Weltkrieg begünstigte.

In Deutschland spielte in der Entwicklung der Krise ein Wettbewerber der BWK in der Nachbarstadt Delmenhorst eine wichtige Rolle, was nicht ohne Auswirkungen auf das Kämmereigeschäft in Deutschland blieb. Die Eigentümer der dortigen Norddeutschen Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei hatten durch eine aggressive Expansionspolitik den Verschuldungsgrad so stark erhöht, dass sie in eine erhebliche Abhängigkeit von der Darmstädter und Nationalbank, dem damals zweitgrößten deutschen Kreditinstitut, geraten waren. Diese Bank selbst war aufgrund ihres hohen finanziellen Engagements als Teilhaber und Kreditgeber an der Nordwolle selbst ebenfalls wenigstens auf ein Überleben der Nordwolle angewiesen. 


Da sich die Wollpreise und damit auch die Gewinnmargen der Kämmereien im Zuge der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930-er Jahre nicht wie erwartet erholten, verschlechterten sich die Bilanzrelationen der Nordwolle, die daher Schwierigkeiten hatte, ihre auslaufenden Kredite zu verlängern. Die Eigentümerfamilie versuchte daher durch einen weiteren Ausbau ihres Textilimperiums, den Kauf von Luxusgütern und den Bau eines schlossähnlichen Wohnsitzes ihre wahre finanzielle Situation zu verschleiern, um weiter kreditwürdig zu bleiben. Das gelang auch zunächst, bis am 17. Juni 1931 ein hoher, existenzieller Verlust der Nordwolle bekannt wurde. Als der Textilkonzern daraufhin in Konkurs ging, musste sich auch die Danat-Bank als zahlungsunfähig erklären, was eine Abhebe-Welle auf die Konten bei allen Kreditinstituten führte und das Vertrauen in das gesamte deutsche Bankensystem.


                  Aktie der Nordwolle von 1927

International löste England in diesem Jahr Währungsturbulenzen aus, als es den Goldstandard des Pfund Sterling aufgab, da immerhin ca. 90% aller Wollgeschäfte in dieser Währung getätigt wurden.

Eine sehr praktische indirekte Folge der Weltwirtschaftskrise war 1932 der gemeinsame Erwerb der Hamburger Wollkämmerei aus der Konkursmasse der Nordwolle durch die BWK und die Kämmereien in Döhren und Leipzig, nachdem zuvor ein Versuch deutscher und westeuropäischer Wollhändler gescheitert war, die Hamburger Wollkämmerei als Konkurrenzunternehmen zu den anderen deutschen Kämmereien zu erhalten, die eine gemeinsame Preispolitik betrieben.

Die Vorteile dieser bereits seit 40 Jahren bestehenden „Konvention“ wurde gerade in den Krisenjahren sichtbar, als die Leipziger Wollkämmerei sogar die Dividende für 1931/2 erhöhen konnte. Hintergrund waren die im Lohngeschäft als überhöht geltenden vereinbarten Preise, die über denen des Eigenhandels lagen und viele Kammzugkunden ins Ausland ausweichen ließen. (Volkswirt vom 5.5.1933) Ohne diese Preisvereinbarung war das „Zugmachergeschäft“ hingegen weiterhin „unlohnend“, wie die BWK in ihrem Geschäftsbericht 1932 feststellte.

Auch der Kauf der Hamburger Wollkämmerei steht im Rahmen dieser Preisabsprache, da auf diese Weise eine deutsche Konkurrenz verhindert werden sollte. Das war der BWK sogar so wichtig, dass sie durch einen Kaufkredit in Höhe von 450.000 RM ihre Bankschulden im Vergleich zu den Bankguthaben ansteigen ließ und für diese AG ungewöhnliche hohe Kreditzinsen von 171.000 RM ausweisen musste.


Und auch die gekaufte Kämmerei hatte offenbar betriebswirtschaftlich gesehen gar nicht den Wert, den die drei Aufkäufer im Hinblick auf ihre vorteilhafte Marktsituation zu zahlen bereit waren; denn die neue Beteiligung wurde bei der BWK, die knapp die Hälfte der Aktien übernahm, auf gut 60 % abgeschrieben, bei der Döhrener Wolle sogar auf 30 % und bei der Leipziger Wollkämmerei auf 20 %. Ziel des Kaufs war also nicht der Erwerb einer rentablen Tochter, sondern eine Begrenzung der Produktion in Hamburg, wodurch die drei Aufkäufer ihr wenig profitables „Eigengeschäft wieder mehr einschränken und damit ihr konjunkturelle Risiko senken“ konnten (Volkswirt vom 5.5.1933).

Allerdings ließ sich diese Preispolitik nicht ohne Gegenreaktion der Spinnereien und des Wollhandels durchsetzen. So musste man 1933 wegen steigender Kammzugimporte die Kammlöhne der Konvention senken. 


Ohnehin begannen jetzt kritische Jahre bei der Versorgung mit Rohwolle, da eine Dürre in Australien und Südafrika die Wollpreise 1934 kräftig ansteigen ließ, bevor dann eine Devisenknappheit in Deutschland den Wollbezug einschränkte und erstmals zur Bearbeitung von „Kunstspinnfasern“ zwang.


Die Schwankungen des Geschäftsumfangs 1913 – 1935


In einer längerfristigen Betrachtung, wie sie dank einigen Schätzwerte der Zeitschrift „Der Deutsche Volkswirt“ trotz der damals noch sehr geringen Publizitätspflichten möglich ist, kann für einen zwölfjährigen unkriegerischen Zeitraum die Besonderheiten des Kämmereigeschäfts veranschaulichen. So lässt sich über den gesamten Zeitraum selbst bei diesem führenden Unternehmen des Industriezweigs keine Trend zu einer steigenden Nachfrage erkennen, wie das für viele Teile der Konsumgüterbranche aufgrund einer wachsenden Bevölkerung und auch teilweise steigender Einkommen typisch ist. Vielmehr ist, wenn überhaupt ein Rückgang der Produktion zu erkennen, wobei diese Entwicklung jedoch durch kräftige Steigerungen in den Jahren 1927 und 1928 sowie 1933 unterbrochen wurde. Daneben hat sich die gewaschene Wolle eher gegenläufig zur Kammzugproduktion behauptet und 1935 sogar ihren Höchstwert erreicht. Insgesamt gesehen waren also die Wollwäsche und Kammzugproduktion in dieser Zeit ein eher stagnierendes Geschäft, das allerdings kurzfristig abrupte Sprünge aufwies. 

Produktion der BWK in Mill. kg bzw. RM

Produkt
1913
1924
1925
1926
1927
1928
1929
1930
1931
1932
1933
1934
1935
Kammzug
16,0
17,2
14,3
15,3
19,8
19,3
17,2
16,3
15,4
15,5
18,2
14,92
12,03
Gewaschene Wolle
-
3,1
2,4
1,8
3,8
3,7
3,5
3,3
3,0
2,53
2,35
2,64
4,43
Verarbeitete Wolle
38,6
42,3
36,4
38,6
52,8
52,7
43
42,2
36,8
37,8
43,0
35,5
32,6
Umsatz
-
-
-
25,8
32,5
33,7
35,6
27,8
28,3
24,6
30,0
36,75
-
-: keine Daten veröffentlicht
Quelle: Volkswirt vom 27.4.19128, 2.10.1931, 13.5.1932, 18.4.1935 und 30.4. 1936 







xxxxxxxxxxxxxxxx

Quellen:



Bluma, Lars, Stoffgeschichte: Zellwolle, Mode und Modernität 1920 – 1945, in: Intelligente Verbindungen. Band 1 (2011).

Götze, Kurt, Kunstseide und Zellwolle nach dem Viskose-Verfahren, Berlin 1940.

Höschle, Gerd, Die deutsche Textilindustrie zwischen 1933 und 1939, Stuttgart 2004.

NN, 50 Jahre Bremer Wollkämmerei. Jubelfeier in Blumenthal, in: Weser-Zeitung vom 16.10.1934.

NN, Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr, in: Sir Charles, 19, 2.

NN, Bremer Woll-Kämmerei 1884 – 1934, in: Wirtschaftsdienst Hamburg vom 19.10.1934.

NN, Jubiläum: 120 Jahre BWK. Feste feiern, in: Sir Charles, 57, 1f.

Pfister, Ulrich, Deutsche Wirtschaft seit 1850, Universität Münster, WS 2008/9.

Schiemann, Heinrich, Ein Jahrhundert BWK 1883 – 1983. Eine Epoche der Woll- und Chemiefaserverarbeitung in Bremen, Bremen.


SnodgrassKatharinePrice Fluctuations in the Woolen Industry, in:
Annals of the American Academy of Political and Social Science, Vol. 89, 1920, S. 55-60.



Mein ganz besonderer Dank gilt der Deutschen Zentralbibliothek fürWirtschaftswissenschaften - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, die im Rahmen eines Projektes der Deutschen Forschungsgemeinschaft historische Pressematerial des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs (HWWA) und des Wirtschaftsarchivs des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (WIA/IfW) u.a. über die Bremer Wollkämmerei digitalisiert und über das Internet zugänglich gemacht hat. Die dort abrufbaren Auszügen aus den Geschäftsberichten der BWK sowie die dort vorhandenen Artikel der Wirtschaftspresse waren die zentrale Informationsgrundlage für diesen Blog-Artikel.
  
Anhang:

Geschäftsentwicklung zwischen 1911 und 1944

Jahr
Reinertrag
Dividende der Stämme  in %
Dividenden-summe
Wichtige Geschäftsvorfälle
1911
1.118.792
16
800.000
Erhöhung des Aktienkapitals um 1 Mio. Mark, Belastung durch Marokko-Krise
1912
1.773.492
20
1.000.000
Höhere Nachfrage und geringere Schur führten zu steigenden Wollpreisen, Zukauf von 15.616 qm in Blumenthal
1913
1.357.524
20
1.000.000
Weiter steigende Wollpreise, befürchtete Wollknappheit, nur geringere Einfuhr aus Australien möglich
1914
3.460.203
30
1.500.000
Bau von Sortiergebäude und Tuchwollwäscherei, Produktion für den Heeresbedarf, Verkauf von Lagerbeständen
1915
2.177.743
18
900.000
Produktionseinschränkungen wegen Mangels an Kohle und Wolle, weiterer Verkauf von Lagerbeständen
1916
1.109.457
18
900.000
Trotz eingeschränkter Produktion Gewinne aus Nebenbetreiben und durch die Verzinsung liquider Mittel, Sortiergebäude und Tuchwäscherei fertiggestellt
1917
1.995.720
18
900.000
Produktionseinschränkungen durch Mangel an Kohle, weitere Gewinne aus Nebenbetrieben und liquiden Mitteln sowie Wollverkäufen in neutralen Ländern
1918
929.433
15
750.000
Bis November Anstieg der Produktion, anschließend hohe Abschreibung auf Reichsanleihe
1919
1.243.683
20
1.000.000
Kapitalerhöhung um 3,4 Mio. M Stamm- und 0,4 Mio. M Vorzugsaktien, Belastungen der deutschen Nachfrage durch wechselkursbedingte extrem hohe Wollpreise, die günstige Wollverkäufe ermöglichten
1920
3.572.981
25
2.014.000
Einsatz amerikanischer Kohle, weiterer Verkauf von Lagerbeständen
1921
20.817.429
30
3.624.000
Ausgabe von 4 Mio. M Genusschein-Kapital beschlossen, neue Tuchwollwäscherei, Produktion erreichte wieder den Vorkriegsstand, Bereitstellung von 5 Mio. M für Wohnungsbau und 10 Mio. für Instandhaltung und Erneuerung
1922
1.021.671.147
1)
22.024.000
Erhöhung des Aktienkapitals aus Gesellschaftsmitteln, Flucht in Wolle bei günstigen Einstiegspreisen, Berechnung der Kammlöhne in Devisen,
1) 50 Goldpfennig und Gratisaktien
1923
3.689.981
6
864.000
Anfang des Jahres trotz des Ruhrkampf stabiles Geschäft dank der Auslandskunden, später rasante Geschäftsbelebung bei hohen Preisen, Rücklage für Bau von 29 Arbeiterwohnungen aufgelöst
1924
1.182.173
6
864.000
Gute Auslastung bei steigenden Preisen, Neue Kesselanlage, Kauf eines „wertvollen angrenzenden Grundstücks“
1925
1.016.899
6
864.000
Preissturz um bis zu 50%, neue Maschinen für über 1,5 Mio. RM
1926
1.524.855
8
1.144.000
Relativ geringe Preisschwankungen, größere Aufträge zur Lohnverkämmung eingegangen
1927
2.716.538
12
1.704.000
Deutlicher Geschäftsaufschwung, sodass ganzjährig in zwei Schichten gearbeitet wurde, Erweiterung der Kreuzzucht-Kämmerei
1928
1.549.114
12
1.224.000
Ab September „Geschäftsstille“, die zu starken Betriebseinschränkungen führte, Rückzahlung des Genussscheinkapitals, HV mit damals üblichen 19 Aktionären
1929
1.198.653
10
1.024.000
Wirtschaftskrise führt zu gefüllten Kammzulagern und sinkenden Preisen, Dividendenzahlung wegen einer „vorsichtigen Dividendenpolitik“ in den Vorjahren möglich
1930
1.165.059
10
1.024.000
Trotz Krise gute Lohnbeschäftigung, Wollpreise auf Tiefstand der letzten 30 Jahre, Senkung der Löhne um 6 %
1931
1.281.400
10
1.024.000
Konkurs der Nordwolle und Abkehr Großbritanniens vom Goldstandsrad führten zu großer Unsicherheit, Ende des Jahres reichten Lohnkämmereiaufträge  nur noch für eine Auslastung von 50 % der Kapazität, Senkung der Kämmlöhne um 10 %
1932
1.252.275
10
1.024.000
Beteiligung mit 900.000 RM an der „Wilhelmsburger Wollkämmerei“ (GK: 2 Mio. RM), die aus der insolventen Hamburger Wollkämmerei gegründet wurde, Zugmachergeschäft weiterhin „unlohnend“




Jahr
Reinertrag
Dividende der Stämme  in %
Dividenden-summe
Wichtige Geschäftsvorfälle
1911
1.118.792
16
800.000
Erhöhung des Aktienkapitals um 1 Mio. Mark, Belastung durch Marokko-Krise
1912
1.773.492
20
1.000.000
Höhere Nachfrage und geringere Schur führten zu steigenden Wollpreisen, Zukauf von 15.616 qm in Blumenthal
1913
1.357.524
20
1.000.000
Weiter steigende Wollpreise, befürchtete Wollknappheit, nur geringere Einfuhr aus Australien möglich
1914
3.460.203
30
1.500.000
Bau von Sortiergebäude und Tuchwollwäscherei, Produktion für den Heeresbedarf, Verkauf von Lagerbeständen
1915
2.177.743
18
900.000
Produktionseinschränkungen wegen Mangels an Kohle und Wolle, weiterer Verkauf von Lagerbeständen
1916
1.109.457
18
900.000
Trotz eingeschränkter Produktion Gewinne aus Nebenbetreiben und durch die Verzinsung liquider Mittel, Sortiergebäude und Tuchwäscherei fertiggestellt
1917
1.995.720
18
900.000
Produktionseinschränkungen durch Mangel an Kohle, weitere Gewinne aus Nebenbetrieben und liquiden Mitteln sowie Wollverkäufen in neutralen Ländern
1918
929.433
15
750.000
Bis November Anstieg der Produktion, anschließend hohe Abschreibung auf Reichsanleihe
1919
1.243.683
20
1.000.000
Kapitalerhöhung um 3,4 Mio. M Stamm- und 0,4 Mio. M Vorzugsaktien, Belastungen der deutschen Nachfrage durch wechselkursbedingte extrem hohe Wollpreise, die günstige Wollverkäufe ermöglichten
1920
3.572.981
25
2.014.000
Einsatz amerikanischer Kohle, weiterer Verkauf von Lagerbeständen
1921
20.817.429
30
3.624.000
Ausgabe von 4 Mio. M Genusschein-Kapital beschlossen, neue Tuchwollwäscherei, Produktion erreichte wieder den Vorkriegsstand, Bereitstellung von 5 Mio. M für Wohnungsbau und 10 Mio. für Instandhaltung und Erneuerung
1922
1.021.671.147
1)
22.024.000
Erhöhung des Aktienkapitals aus Gesellschaftsmitteln, Flucht in Wolle bei günstigen Einstiegspreisen, Berechnung der Kammlöhne in Devisen,
1) 50 Goldpfennig und Gratisaktien
1923
3.689.981
6
864.000
Anfang des Jahres trotz des Ruhrkampf stabiles Geschäft dank der Auslandskunden, später rasante Geschäftsbelebung bei hohen Preisen, Rücklage für Bau von 29 Arbeiterwohnungen aufgelöst
1924
1.182.173
6
864.000
Gute Auslastung bei steigenden Preisen, Neue Kesselanlage, Kauf eines „wertvollen angrenzenden Grundstücks“
1925
1.016.899
6
864.000
Preissturz um bis zu 50%, neue Maschinen für über 1,5 Mio. RM
1926
1.524.855
8
1.144.000
Relativ geringe Preisschwankungen, größere Aufträge zur Lohnverkämmung eingegangen
1927
2.716.538
12
1.704.000
Deutlicher Geschäftsaufschwung, sodass ganzjährig in zwei Schichten gearbeitet wurde, Erweiterung der Kreuzzucht-Kämmerei
1928
1.549.114
12
1.224.000
Ab September „Geschäftsstille“, die zu starken Betriebseinschränkungen führte, Rückzahlung des Genussscheinkapitals, HV mit damals üblichen 19 Aktionären
1929
1.198.653
10
1.024.000
Wirtschaftskrise führt zu gefüllten Kammzulagern und sinkenden Preisen, Dividendenzahlung wegen einer „vorsichtigen Dividendenpolitik“ in den Vorjahren möglich
1930
1.165.059
10
1.024.000
Trotz Krise gute Lohnbeschäftigung, Wollpreise auf Tiefstand der letzten 30 Jahre, Senkung der Löhne um 6 %
1931
1.281.400
10
1.024.000
Konkurs der Nordwolle und Abkehr Großbritanniens vom Goldstandsrad führten zu großer Unsicherheit, Ende des Jahres reichten Lohnkämmereiaufträge  nur noch für eine Auslastung von 50 % der Kapazität, Senkung der Kämmlöhne um 10 %
1932
1.252.275
10
1.024.000
Beteiligung mit 900.000 RM an der „Wilhelmsburger Wollkämmerei“ (GK: 2 Mio. RM), die aus der insolventen Hamburger Wollkämmerei gegründet wurde, Zugmachergeschäft weiterhin „unlohnend“
1933
1.647.646
12
1.224.000
„Wende zum Besseren“ nach vierjährigem Preisverfall, Anstieg bis zum Jahresende um bis zu 100%, Wilhelmsburger Wollkämmerei nimmt Betrieb auf und erfordert Abschreibung  
1934
1.815.609
8
1.224.000
Devisenmangel führt zu mangelhafter Versorgung mit Rohwolle,
vorübergehende Betriebsreduzierung auf 24 Std/ Woche, Verarbeitung von Kunstspinnfasern aufgenommen, Abschaffung der Betriebsräte und der gewählten Belegschaftsvertreter im Aufsichtsrat durch „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“
1935
1.580.090
10
1.024.000
Ausfall der Auslandskundschaft, Ersatz von Wolle durch Zellwolle bei   Spinnereien nicht erfolgreich, Reduktion der Arbeitzeit auf bis zu 25 Std/ Woche  
1936
1.423.223
10
1.024.000
Verarbeitung exotischer Wollen, da nur 2/3 der „normalen“ Produktion in der Kämmerei, größere Akzeptanz für Zellwolle (1,25 Mio. kg), Beteiligung an der neu gegründeten Thüringischen Zellwolle   
1937
1.057.554
10
1.224.000
Weiterer Anstieg der Zellstofferzeugung, Anstieg der Zahl der Mitarbeiter von 3200 (Anfang 1937) auf 3.750 (Ende 1937)
1938
1.256.478
12
1.224.000
Bessere Versorgung mit Rohwolle, Verdoppelung der Zellwollverarbeitung gegenüber dem Vorjahr
1939
1.024.000
10
1.024.000
Drosselung der Wollverarbeitung durch behördliche Anordnung, weitere Substitution von Wolle durch Zellwolle, Verpachtung von Lagerräumen, neue Sozialleistungen, Beteiligung an der Woitarag, Aufstockung bei der Thüringischen Zellwolle
1940
724.000
7
724.000
Erhebliche geringere Produktion (-28%), Umstellung auf andere Roh- und Hilfsstoffe, höhere Wollvorräte durch Siege der Wehrmacht im Westen
1941
794.000
5,5
794.000
Ausbau der Bastfaser-Abteilung, Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln von  10 auf 14 Mio. RM wegen der Verordnung zur Begrenzung der Gewinnausschüttungen, Kauf eines Wohnhauses, um es als Kinderheim zu nutzen, Beteiligungen an der Bastfaser GmbH und dem Norddeutschen Lloyd
1942
794.000
5,5
794.000
„Planmäßige Einschränkung der Produktion“ und Aussichten in Abhängigkeit von den „Aufgaben“ des totalen Krieges“, Senkung der Warenvorräte und Kauf von Reichsschatzanweisungen
1943
654.000
4,5
654.000
Produktion entsprechend „kriegswirtschaftlichen Anforderungen“, weitere Aufstockung der Beteiligung an der Thüringischen Zellwolle 
1944
724.000
5
724.000
Steigerung der Gesamtproduktion gegenüber dem Vorjahr durch „planmäßige Umstellungen“

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